Vorwort:

Diese Rubrik soll dem europäischen Kampfsportler den Sinn und Zweck von Atemtraining und meditativen Übungen näher bringen. In den traditionellen Kampfsportarten hat die Meditation große Tradition und ist mit ihr untrennbar verschmolzen. Beim koreanischen Kampfsport Taekwondo wird die kurze Vorbereitungsphase „Chip Choong“ genannt. Das bei dieser Reihe auch das Autogene Training aufgeführt wird scheint auf den ersten Blick etwas verwunderlich, weil es nicht aus Asien sondern aus Europa kommt und eigentlich nicht den fernöstlichen Kampfsport zugeordnet wird. Es wird trotzdem an dieser Stelle aufgeführt, weil es meiner Meinung nach viel zum Verständnis dieses Themas beiträgt. Nichts desto trotz lässt sich das Autogene Training nicht mit der Meditation direkt vergleichen.

Es besteht hier ein großer Unterschied sowohl in der Wirkung als auch im Einfluß auf unseren Organismus. Während sich der Übende beim Autogenen Training durch eine Art Selbsthypnose „beruhigt“ und die Umgebung „vergessen lässt“, schärft die Meditation die Konzentration und Aufmerksamkeit. Des weiteren sind die suggestiven Entspannungsmethoden stets zielgerichtet und die Meditation selbst ziellos. Manche beschreiben das Autogene Training im Vergleich zur Meditation als die „Suppe ohne Salz“. Dies hält mich jedoch nicht davon ab, das Autogene Training zu benutzen, um wesentliche Erscheinungen der Meditation ansatzweise zu erklären.

In der Regel wird das Atemtraining, die Atemgymnastik, das Autogene Training und die meditativen Übungen stets isoliert betrachtet und gelehrt.

Für einen Europäer haben meditative Übungen etwas „Mystisches“ oder „Magisches“ und sind somit den meisten suspekt oder werden als Hokuspokus abgetan. Aus diesem Grund führe ich hier das „Autogene Training“ an, dessen Wurzeln aus Europa stammen und dessen Einwirkung auf den Organismus wissenschaftlich bewiesen sind. Zusätzlich gibt es einen entscheidenden Unterschied zu der fernöstlichen Meditation. Die Übenden bekommen konkrete Anweisungen und werden nicht in ihrem „Schneidersitz alleingelassen“. Für die Menschen unserer modernen High-Tech Gesellschaft ist nämlich der „Weg nach innen“ durch die „klassische Meditation“ nicht leicht zu finden. Unsere europäische Mentalität unterscheidet sich vor allem in der starken „Ich-Bezogenheit“ im Vergleich zu der asiatischen Mentalität.

Die negativen Begleiterscheinungen in Form von Stress (Hektik, Unruhe,etc.) stehen der Selbstfindung aus der „klassischen Meditation“ diametral entgegen. Aus diesem Grund müssen wir meist etwas andere Wege gehen, um die heilende Wirkung der Meditation auch für uns nutzen zu können.

Nur aus diesem Grund habe ich die fernöstliche Philosophie um das Autogene Training hier erweitert.

Allgemein haben alle „Übungen“ das Ziel, dem Menschen wieder zu seinem ursprünglichen Gleichgewicht zu verhelfen. Mehr Gleichgewicht bedeutet auch wieder mehr Energie und Kraft für den Alltag und mehr Freude am Leben selbst.

Welche von den vier Methoden Sie später auswählen ist Ihnen überlassen. „Richtig“ ist stets das, was sich für den einzelnen am wirkungsvollsten erweist – anderes darf verworfen werden.

Aber warum sollte man sich als Kampfsportler eigentlich für Meditation interessieren? Kann man dadurch etwa schneller und höher treten? Bekommt man einen siebten Sinn oder wird man am Ende dadurch vielleicht unbesiegbar?

Es ist häufig eine Mischung aus Interesse und Abwehr mit der wir Europäer diesen „Dingen“ gegenüber stehen.

Die Meditation (und ähnliche Übungen) dienen eher als Ausgleich für Stress und Anspannung aus dem Alltag. Aus ihr schöpft man die Kraft ausgeglichen weiter zu leben und schließlich seine persönliche Höchstleistung zu bringen.

Der menschliche Organismus lebt in einem natürlichen Spannungsbogen, der sich auch im Aufbau eines professionellen Trainings wiederspiegeln sollte. (Aufwärmen – Dehnen - kraftvolle Techniken und Ausdauerübungen mit starker körperlicher Belastung – Dehnen – Entspannung).

Nach jeder Anspannung sollte demnach die Entspannung, Regenerierung und Erholung folgen.

Und genau dieser Erholung und Regeneration schenken die europäischen Kampfsportler für gewöhnlich zu wenig Beachtung. Dies führt leider zum häufigen Ende von Kampfsportkarrieren nach 3 oder 4 Jahren. Die Sportler fühlen sich meist ausgebrannt oder überfordert mit den steigenden Leistungsansprüchen.

Dabei wird bereits deutlich, dass diese Entspannungsübungen nichts direkt „mystisches“ besitzen. Es ist keine Frage des Glaubens und die Übungen dienen auch nicht als Religionsersatz, in der Regel sind sie frei von Ideologien (bis auf eine Form der klassischen Meditation).

Die hier aufgeführten Übungen beruhen auf reinen pragmatische (sachlichen) Verfahren und Erkenntnissen und im Falle des autogenen Trainings auf medizinisch-physologischen Erkenntnissen, die nachprüfbar und beweisbar sind.

Allerdings führen diese Übungen nur bei regelmäßigen Übungen zu gewünschten Erfolgen. Die Faustregel ist einfach: Je mehr Sie Üben desto mehr Erfolg – je weniger Sie Üben desto weniger Erfolg. Regelmäßig bedeutet in diesem Fall am Besten täglich oder wenigstens jeden zweiten Tag.

Eine kleine Anmerkung zum Schluss: Meditative Übungen (etc.) sollten keine Beruhigungsmittel

darstellen, mit denen man irgendwelche psychischen Probleme vertuschen oder beiseite schieben will.

Ferner sollten das konzentrative Entspannungstraining (wie das AT oder die Meditation) zuerst von einem erfahrenen Trainer erlernt werden, bevor man es selbst verbessert. Allerdings führt das Üben in Gruppen in den meisten Fällen schneller zum Erfolg, da diese wie ein positiver Verstärker auf die einzelnen Gruppenmitglieder wirkt.